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COVID-19: Psychologie der Märkte und der Anleger (18.03.2020)

Schwierige Zeiten

es sind für uns alle ungewöhnlich schwierige Zeiten – sowohl im privaten Umfeld als auch als Anleger! Ich bin mir meiner Verantwortung als Ihr Berater bewusst und es ist mir auch klar, dass genau solche Phasen die entscheidenden in unserer Zusammenarbeit sind. Vor allem die Ungewissheit – sowohl was die Pandemie, als auch was die wirtschaftliche Zukunft anbelangt – veranlasst mich, Ihnen so viel Information und Hintergrundwissen weiter zu geben wie möglich; zumindest aus der Finanzwelt.

Massive Verluste

Die Finanzmärkte haben in den letzten Wochen massive Verluste erlitten. Die Aktienmärkte liegen auf Monatssicht zwischen rd. -20% (Hang Seng in China) und fast -50% (ATX Wien)! Doch selbst die ‚sicheren Häfen‘ wie Anleihen und Gold verloren teils massiv an Wert. Einerseits geht es den Anlegern derzeit wenig anders als der Gesamtbevölkerung, viele sind im Panikmodus. Andererseits steht auch das Risikomanagement von Vermögensverwaltungen – egal ob in Form von Fonds oder von Privatbanken etc. – vor schwer lösbaren Aufgaben. Da eine kontinuierliche Risikoreduktion bei sprunghaften Kursrückgängen nicht möglich ist, müssen große Positionen rasch und ungeachtet des erzielbaren Preises verkauft werden. Gerade professionelle Investoren verkaufen ihre Aktienbestände, da sie müssen – koste es was es wolle! Dies erklärt den aktuell hohen Druck an den Börsen und die immer wieder erneut fallenden Kurse nach ersten zaghaften Erholungsversuchen.

Keine rasche Lösung in Sicht

Letztlich dürfte dieses Zusammenspiel auch erklären, weshalb derzeit alle geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken und auch alle fiskalen Hilfspakete der Staaten rund um den Globus quasi verpuffen. Entlastung könnte derzeit wahrscheinlich nur aus medizinischer Richtung kommen. Positive Nachrichten bezüglich einer Abnahme der Zahl an Neuinfektionen, der Entwicklung eines Impfstoffes oder eines wirksamen Medikaments könnten die Panik dämpfen und für Licht am Ende des Tunnels sorgen. Leider sind aus meiner Sicht solche positiven Nachrichten nicht allzu bald zu erwarten, denn trotz der drastischen Maßnahmen der meisten Staaten – mittlerweile auch Großbritanniens – dauert es eine Zeit, bis sich diese auch tatsächlich auf die offiziellen Statistiken auswirken. Wir wissen ja gar nicht, wie hoch die Zahl der Infizierten wirklich ist, da es schier unmöglich ist, alle zu testen. Sowohl Impfstoffe als auch Medikamente müssen vor ihrem Einsatz gründlich getestet und geprüft werden, das dauert ebenfalls seine Zeit.

Wirtschaft enorm unter Druck

Die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus führen natürlich auch zu massiven Verlusten in vielen Bereichen der Wirtschaft. Nur wenige Branchen profitieren von der aktuellen Situation, die meisten verlieren – oft unwiederbringlich – ihre kompletten Einnahmen, haben aber nach wie vor ihre fixen Ausgaben. Das betrifft alle Unternehmen, insbesondere jedoch die kleinen und kleinsten in Österreich. Hierzulande sind 99,6% aller Unternehmen sogenannte KMU, also kleine und mittlere Unternehmen. Diese beschäftigen knapp 2 Mio. Menschen, dass sind rd. 67% aller Beschäftigten.

Kontaktverbot und Geschäftsschließungen

Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist nicht nur für mich Vor-Ort-Beratung derzeit verboten. Auch meine Frau musste ihr Schuhgeschäft ausgerechnet zu Beginn der Hochsaison schließen. Miete und Fixkosten sind weiterhin zu bezahlen, Mitarbeiterinnen möchte sie so lange wie möglich behalten und auch weiterhin entlohnen! Entscheidend für den Fortbestand dieser KMU wird daher sein, wie lange die Einschränkungen des öffentlichen Lebens andauern, wie rasch die angekündigten staatlichen Unterstützungen umgesetzt und in welcher Höhe diese ausfallen werden. Aus diesem Grund ist es auch ungemein schwierig, die Auswirkungen zu beziffern. Viele Ökonomen, das Wifo sowie das IHS skizzieren ein Schrumpfen der Wirtschaft, kaum einer wagt eine tatsächliche Prognose, zumal diese laufend adaptiert werden muss. Soeben höre ich von einem Hilfspaket in Österreich in Höhe von € 38 Mrd., EU-weit werden über 10% der gemeinsamen Wirtschaftskraft bereitgestellt. Ein richtiger und wichtiger Schritt!

Anspannung und Nervosität

Ich kann sehr gut verstehen, dass auch bei Ihnen die Anspannung und Nervosität groß ist. Niemand sieht gerne ein Minus auf seinem Depot, auch ich nicht; weder auf meinem, noch auf Ihrem! Bedenken Sie bitte auch, dass letztlich mein Einkommen von Ihren Depotständen abhängt… Die meisten von Ihnen arbeiten schon längere Zeit mit mir zusammen. Als Experte versuche ich stets, all mein Wissen und meine mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung für Sie und Ihren finanziellen Erfolg einzusetzen. Seien Sie versichert, dass meine Empfehlungen an Sie dieselben sind, wie ich sie bei meinen eigenen Veranlagungen umsetze! Dabei bin ich mir stets meiner Grenzen bewusst und habe in unseren Gesprächen immer wieder betont, dass es nicht um Prognose, sondern um langfristige Strategie geht! Und diese gilt es jetzt beizubehalten! Gerade in Situationen wie der aktuellen, wünschte ich mir die berühmte Glaskugel, eine Möglichkeit, in die Zukunft zu sehen. Es wäre wirklich schön, hätte ich die Kurseinbrüche vorhersehen und uns alle vor Kursverlusten bewahren können. Es wäre auch wirklich schön, Ihnen schon sagen zu können, wann die Trendwende an den Börsen erfolgen wird. Und genauso so schön wäre es, Ihnen Ihre Depotstände in einem, drei oder 12 Monaten vorhersagen zu können. Ich kann es nicht, leider! Niemand kann das.

Meine Aufgabe

Doch was ist dann eigentlich meine Aufgabe als Ihr Berater? Meine Aufgabe besteht in erster Linie darin, Ihnen die möglichen Alternativen für die Veranlagung Ihres Vermögens aufzuzeigen. Möglichst einfach, verständlich und mit allen Vor- aber auch Nachteilen. Das allein ist auf Grund der Komplexität der Materie schon nicht einfach. Und meine zweite und nicht minder schwierige Aufgabe ist es, Sie auf den Weg zu Ihren Zielen zu begleiten und Sie an Ihre Strategie zu erinnern; vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen! Dazu gehört, das immer lauter werdende Rauschen an Informationen nach wirklich relevanten Informationen zu filtern. Es ist schon erstaunlich, dass die Menschen so gerne Untergangspropheten Glauben schenken und diese schießen derzeit wie die Schwammerl aus dem Boden. Dazu gehört es auch, Sie vor Fehlern zu bewahren, die leider allzu oft vorkommen und deren Ursachen nur allzu verständlich sind.

Der häufigste Fehler: prozyklisches Handeln

Viele Anleger befinden sich derzeit irgendwo zwischen Angst, Panik und Kapitulation… 

In dieser Darstellung ist natürlich alles ein wenig komprimiert dargestellt. Doch wie sieht es in der Realität aus?

Veranlagen ist eher ein Marathon als ein Sprint

Bei vielen Menschen werden Erinnerungen an die Finanzkrise 2008 wach. Ich erläutere weiter unten noch, wieso dieser Vergleich hinkt, doch rein aus Sicht der Psychologie hilft ein Blick auf eine der größten Krisen an den Börsen. Genau wie heute stürzten auch 2008 die Kurse sehr rasch ab und die Effekte waren durchaus vergleichbar. Die Krise war täglich in allen Schlagzeilen (so wie heute täglich über das Virus berichtet wird), dadurch bedrohlich nahe und übermächtig. Viele Menschen verloren auf Grund oben dargestellter Handlungen große Teile ihres Vermögens. Doch was passierte dann? Nur die wenigsten Medien berichteten über die darauf folgende Erholung, über eben jene langfristige Entwicklung, die all unseren Entscheidungen zu Grunde liegen sollten: Der bislang längste Börsenaufschwung aller Zeiten mit unglaublichen Kurssteigerungen (in der folgenden Grafik in rot).

Quelle: https://www.fidelity.at (Stand 31.12.2019)

Langfristige Rendite bei über 7% p.a.

Diese Aufschwünge gehören auf lange Sicht genauso zu den Börsen wie die schmerzhaften Krisen und führen in Summe zu durchschnittlichen Renditen von 7% p.a. und mehr! Ja, in diesem Durchschnitt sind auch die Krisen eingerechnet.
Natürlich durfte man sich in den letzten Monaten die Frage stellen, ob die Aktienmärkte nicht schon zu hoch waren, doch selbst Ende Februar deuteten fast alle makroökonomischen Daten auf einen weiteren spätzyklischen Verlauf der Konjunktur. Das Wirtschaftswachstum war nicht mehr so hoch wie während einer Hochkonjunktur, aber stabil und die Aussichten positiv. Weder Konjunkturzyklus noch Börsenentwicklung haben ein natürliches Ablaufdatum…

Keine Finanzkrise

Aus meiner Sicht ist die systemische Krise der Märkte, ausgelöst durch die Finanzkrise 2008, nicht mit der aktuellen Situation zu vergleichen. Stand damals das komplette Finanzsystem auf der Kippe und bedrohte die Geldklemme auch die Liquidität in der Realwirtschaft, so sind die Finanzinstitute heute durch den regulatorischen Druck – nicht ganz ohne Protest – mit wesentlich höheren Kapitalquoten ausgestattet und durch die aufgebauten Sicherheitspolster wesentlich stabiler. Auch wenn es zu einem deutlichen Rückgang der Wirtschaftsaktivität kommen wird, so könnte dies eine zeitlich begrenzte Entwicklung sein. Die Produktionskapazitäten werden durch den Virus nicht zerstört, sondern nur vorübergehend weniger oder gar nicht ausgelastet. Sofern es gelingen wird, auch die Mitarbeiter nicht abbauen zu müssen, könnte die Produktion von Waren und Dienstleistungen sehr rasch wieder hergestellt werden. Was bleiben wird, ist vor allem auch in den USA ein Zinsniveau, das noch niedriger ist als vor der Krise. Dadurch gewinnen Aktien gegenüber Anleihen noch weiter an Attraktivität. Sie erinnern sich sicherlich noch an TINA

Gerade jetzt: Geduld!

Bitte haben Sie Geduld und halten Sie weiterhin an Ihrer langfristigen Ausrichtung fest! Wenn Sie daran glauben, dass es auch nach dem Virus Unternehmen geben wird, die ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen und Gewinne erzielen können, dann sind Sie bei Aktien nach wie vor richtig! Vielleicht werden die Pläne der Regierungen weltweit, die Klimaerwärmung durch massive Investitionen zu verlangsamen oder zu stoppen, etwas verschoben oder auch verringert. Doch bedenken Sie alleine den ‚Green Deal‘ der EU, wo € 100 Mrd. jährlich (!) investiert werden sollen. Dann addieren Sie gedanklich die Investitionen der USA, China, Japans usw. Nachhaltige Investments werden sicherlich der große Trend der nächsten Jahre!

Wenn möglich: Investieren!

Sollten Sie noch Bestände auf Sparbüchern oder Konten haben, könnten Sie diese dazu verwenden, die Dauer bis zum Erreichen eines Plus auf Ihrem Depot bedeutend zu verkürzen. Achten Sie dabei aber darauf, dass Ihre Liquiditätsreserve NICHT angetastet wird. Die Liquiditätsreserve ist ein Betrag in Bar, im Safe, auf dem Sparbuch oder -konto oder sonst jederzeit verfügbar, der mindestens die Fixkosten von sechs Monaten umfasst. Teilen Sie mir dazu bitte zunächst den gewünschten Investitionsbetrag mit. Ich habe mittlerweile einen eigenen Rechner zur Depotoptimierung erstellt. Wann dafür der richtige Zeitpunkt ist? Ich weiß es nicht, doch vernünftig erscheint mir eine Investition nach einem Plus der großen Aktienmärkte an drei Tagen hintereinander. Langfristig gesehen, spielt das jedoch kaum eine Rolle…
Wenn Sie derzeit keine weiteren Bestände haben oder nicht investieren möchten, so haben Sie bitte trotzdem Geduld. Es ist gut möglich, dass in einigen Monaten nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch die Krise an den Aktienmärkten hinter uns liegen wird.

Passen wir gemeinsam aufeinander auf!

Ich werde jedenfalls weiterhin für Sie da sein und Sie bestmöglich informieren und betreuen.